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Wer sich mit der Religion arrangiert,
macht seinen Frieden mit dem Kapitalismus

Tevfik Taş

Als Marx die außerökonomische Gewalt analysierte, die mit dem Kapitalismus eine minimale Stufe erreichte, machte er gleichzeitig auf die Reaktivierung der Religion, die auf die Bedürfnisse der neuen Ära angepasst wurde, aufmerksam.

Die Religion, die im Mittelalter den Kern der Politik darstellte, wurde mit der Moderne invertiert. Nun ist das Bestimmende jetzt die Politik und nicht mehr der begriffliche Rahmen der Religion.

Der Gott, der aus der Erde verjagt wurde, nahm seinen Platz mit dem Deismus in den Herzen der Menschen. Die herrschende Religion, die durch die Aufklärung außer Gefecht gesetzt wurde, wurde in den Herzen verbannt wobei die Beziehung zwischen Gott und Individuum unmittelbarer wurde.

Als die Arbeiterklasse in den Tagen des 19. Jahrhunderts direkt in dem Klassenkampf eingriff, wurde die Religion durch die Bourgeoise wieder zur Hilfe gerufen. Die Religion wurde rehabilitiert, die revolutionären Philosophen der Aufklärung wurden ihrer „Radikalität“ entledigt und so zu Werkzeugen gegen die die Arbeiterklasse gemacht.

Die Religion als das Machtwerkzeug des Feudalismus wurde dem Kapitalismus angepasst, um ihm so zu dienen.

Da die Krisen des Kapitalismus nicht enden wollten und die Arbeiterklasse den Lügen der Religion, die nur dem herrschenden Verhältnissen nützten, keine Glauben mehr schenkten, entwickelte sich der Nationalismus im Zeitalter des Imperialismus zum Faschismus.

Und jetzt diente die Religion dem Faschismus

Und nach dem Sieg über dem Faschismus wurde die Religion durch die imperialistischen Zentren in ihrem Kalten Krieg gegen dem Sozialismus instrumentalisiert. Solche Organisationen und Institutionen wie Vatikan, Opus Dei usw. wurden gegen den Kommunismus mobilisiert.

In den sozialistischen Staaten organisierten die Kirchen die Religion als konterrevolutionäres Werkzeug, wobei sie die „Gewissensfreiheit“ auf ihre Fahnen schrieben und dabei bloß ein Anhängsel der imperialistischen Politik gewesen sind.

Der politische Nihilismus, der die Niederlage des real existierenden Sozialismus nicht als einer zeitweiligen Position Verlust sondern als Negation des „Befreiung“ Begriffes annahm, versöhnte sich sehr schnell mit der Religion. Dabei nahm die Zahl derjenigen zu, die meinten, dass Marx die Religion nur als „Medizin der schmerzhaften Bedingungen“ bezeichnet habe.

Sie behaupteten weiterhin, dass Lenin den Marxismus im Bereich der Religion auch deformiert hat. Religion habe einen klassenübergreifenden Charakter und gegen die neoliberale Ausbeutung könne sie ein Widerstandspunkt darstellen.

In dem man zurück zu Marx findet, könne man den leninistischen Marxismus überwinden.

aDarüber hinaus verdarb die politische Macht die Linken; eine sektiererische Positionierung gegen die Religion müsse nicht sein. Die Aufklärung sei nichts als grober Materialismus. Und der Laizismus baute sich auf den Parametern des 19. Jahrhunderts und sei daher vorgeschichtlich.

Isis ist kein mittelalterliches Phänomen, sondern ein Produkt des Imperialismus

Isis sei ein Phänomen des Mittleren Ostens und der archaischen Islams. Den Imperialismus als den Verantwortliche zu bezeichnen grenze daher an Absurdität. Außerdem gebe es keinen Imperialismus sondern globale Kräfte und deren Interessen.

Was die Feinde der sowjetischen Traditionslinie mit den Provokateuren des Kalten Krieges, Anhänger der neuen Linken mit den Gläubigern des „Befreiungstheologie“, die Revisionisten, die die Überwindung des Kapitalismus ablehnen und ihn weicher machen wollen, mit den anspruchslosen Linken, die aus den Niederlagen nur die Verzweiflung übernahmen, verbindet, ist deren gemeinsames politisches Bemühen die Linke mit der Religion zu versöhnen.

Natürlich können die Intentionen der oben gezählten verschieden sein, aber objektiv gesehen war genau das, was sie gemeinsam haben.

Die Religionsbewertung Lenins als Waffe gegen den Marxismus

Bodo Ramelow als Ministerpräsident Thüringens und als führender Mitglied der Partei die Linke, ist genauso ein Typ „Linker“, den wir oben beschrieben haben. Er bezeichnet sich in einem Interview als „gläubigen Christen“ und im gleichen Atemzug verdammt er die SED als diktatorisch und delegitimiert die DDR und bescheinigt dem Sozialismus Intoleranz gegenüber der Kirche und der Religion. (taz, 22.08.2013)

Er sei gegen die Religionsbewertung Lenins, man müsse zurück zu Marx finden. Darüber hinaus verglich er seiner Partei die Linke mit der PDS der konterrevolutionären Ära (1989) und befand, dass die Linke gegenüber der Religion weniger toleranter sei als die PDS.

Die Koalitionsregierung unter Ramelow ist bekannt für seine arbeiterfeindliche, neoliberale Politik, die fortgesetzt wird um die Koalitionspartner bloß nicht zu vergraulen.

Das Beispiel Bodo Ramelow ist kein Einzelfall. Die Vorsitzende der Partei die Linke in Sachsen-Anhalt Birke Bull sagt aus, dass „die Kirchen für das gesellschaftlichen Zusammenhalt viel tun. Wir müssen uns von dem aggressiven Atheismus distanzieren.“ (Volksstimme, 7.5.2016)

Die Erfahrungen in Thüringen zeigen uns, dass ein Kompromiss mit der Religion auch ein Kompromiss mit dem Kapitalismus bedeutet. Oder wer sich mit dem Kapitalismus arrangiert findet am Ende auch Gemeinsamkeiten mit der Religion.

Ramelow möchte unter dem Deckmantel der Linken Lenin erledigen und Bull gibt den Vorschlag sich vom „aggressiven Atheismus“ zu distanzieren.

HDP ist ein Versöhnungsprojekt mit der Religion und dem Kapitalismus

Der Bodo Ramelow der HDP in der Türkei, Selahattin Demirtaş, der für sich in Anspruch nimmt für die gesamte Linke zu sprechen, betont, dass sie sich „auf dem Gott und das Volk stützen“ und so trägt die religiöse Argumentationslinie auf die politische Bühne.

Die HDP, die den „freiheitlichen Laizismus“ verteidigt und dabei nur der religiösen Reaktion in die Hände spielt, erhob mehr Freiheiten für religiöse Gruppen zum Wahlkampfversprechen.

Die kurdische Politik, die die Lösung der nationalen Frage innerhalb des Kapitalismus für möglich hält, gibt in Diyarbakir einem Platz den Namen des Scharia Kämpfers Seyh Said, ebnet der religiösen Reaktion unter dem sinnfreien Bezeichnung „Demokratischen Islam Kongress“ den Weg und macht solche religiöse Fanatiker wie Altan Tan und Hüda Kaya zu Abgeordneten.

Wenn man glaubt, eine „gerechte Ökonomie“ sei durch Abmilderung der Katastrophen der Marktwirtschaft zu erreichen, sprechen auch hier für die gesamten Linken. Wenn man die jahrelangen Erfahrungen der kommunalen Politik der HDP mit den Wahlversprechen und der Parteiprogramm zusammen betrachtet, kommt zu dem oben formulierten Schlussfolgerung; wer sich mit der Religion versöhnt, kommt auch wunderbar mit dem Kapitalismus aus.

Die Parameter für den Fortschritt und die Reaktion müssen sich auf Arbeit basieren

Für die Linke können die Parameter für den Fortschritt und die Reaktion nur auf der Achse der auf Klassen basierenden Ausbeutung betrachtet werden. Wer den Ausgangspunkt der religiösen Reaktion nicht in der Klassenfrage sieht, wird in ihr nichts weiter als ein mittelalterliches Phänomen sehen.

Eine wahre Positionierung gegen den Kapitalismus muss die Verteidigung des Sozialismus beinhalten. Diejenigen, die sich von diesem immensen Erfahrungsschatz des Sozialismus abwenden, ihren Frieden mit der Religion machen ist daher zwangsläufig.

Sogenannter „Freiheitlicher Laizismus“ oder „ Gegnerschaft gegen aggressiven Atheismus“ haben in dem Wortschatz der Linken nichts zu suchen.

Was die sozialistische Bewegung braucht, ist eine kompromissloser Gegnerschaft gegen das Kapital, ein Antiimperialismus „ohne Wenn und Aber „ und eine sozialistische Aufklärung, die auf gesellschaftlichen Fortschritt basiert.

Oktober 2016