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Die Behinderung des Kampfes gegen Militarismus und
Aufrüstung in Deutschland

Die Gewerkschaften  (*)

Cemil Fuat Hendek

Wir beobachten in den letzten Jahren eine Entwicklung in Deutschland: Die ständig sehr schüchtern und hinter dem Vorwand “Verteidigung” betätigte Militarisierung des deutschen Imperialismus wird weiter in die Höhe getrieben. Die Rüstungsindustrie erhöht die Produktion, damit mit einem Teil der Produkte die Armierung der Bundeswehr bedient wird. Auf der anderen Seite schickt die Bundesregierung Soldaten unter dem Deckmantel “humane Hilfe” in die immer mehr werdenden fremden Länder. Sie steigert auch den Waffenexport und türmt weltweit in allen Kriegsschauplätzen deutsche Waffen auf. Sie rüstet die aggressiven Regime nicht nur mit Waffen und Munition auf, sondern auch mit verschiedensten Kriegsausrüstungen und -/Technologien. Um all dies zu bewerkstelligen, addiert der Bundesstaat jährlich neue Summen zu den Anteilen für die Bundeswehr und der Rüstung in den Haushaltsplan.

Auf der anderen Seite ist es leider eine bittere Realität, dass die Bemühungen der Kreise, die all diese Entwicklungen mit Sorge beobachten, keinen Effekt erreichen, und, dass sie die breite Unterstützung der großen Masse der Werktätigen nicht gewinnen können. Abgesehen von den Kommunisten lesen wir öfters auch Artikel aus der linken Szene, die sich mit den schwachen Seiten des Kampfes gegen Militarismus in Deutschland auseinandersetzen. Diejenigen, die den Kernpunkt der Sache, nämlich den deutschen Imperialismus, seine steigende Offensive und Bemühungen für einen neuen Platz innerhalb der imperialistischen Hierarchie thematisieren, kommen aber leider sehr selten vor. Es gibt noch etwas: Viele erinnern sich mit Bedauern an die Friedensbewegung, die mit Hunderttausenden Demonstranten Ende der 1970er und Anfang der 90er Jahre ihren höchsten Punkt erreicht hatte. Sie fragen, wo diese geblieben sind. Keiner erörtert aber den eigentlichen Schwachpunkt und die Gründe der Vergeblichkeit der damaligen Bewegung trotz ihrer Massenhaftigkeit.

Die Frage nach der Problematik kann so beantwortet werden: „Deshalb, weil die Friedensbewegung in all diesen Jahren unabhängig von der Problematik des Klassenkampfes behandelt wurde, diese musste gezwungener Weise langsam zum Verdruss, zur Niederlage und zur Liquidation führen.“ Obwohl diese Erklärung im allgemein richtig ist, kann der geschichtliche Hintergrund die Schwäche der heutigen Friedensbewegung nicht verstanden werden, solange die Organisationen und Parteien, die die damalige Linie diktierten, nicht mit Namen genannt werden.

In diesem Zusammenhang wurden wir auf ein in 2017 veröffentlichtes Buch aufmerksam: “Lieber tod als rot”! Das Buch beinhaltet eine detaillierte Studie der Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung seit 1914, die Beziehung der Gewerkschaften mit der Armee und dem deutschen Militarismus anhand von Dokumenten. Hier handelt es sich um ein Werk, das einen schamvollen Aspekt der ruhmreichen Kampfgeschichte der deutschen Arbeiterklasse bloßlegt.

Im Grunde genommen handelt es sich hier um einen „Zündstoff“, an das sich nicht mal die vertrauenswürdigsten Kommunisten heranwagen. Denn egal wen man fragt, jeder wird sicherlich sagen, dass die Friedensbewegung einer der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung der Gewerkschaften sei. Es ist sehr diskutabel, inwieweit diese Aussage der Wahrheit entspricht. Um die Befragten in Erklärungsnot zu bringen, sollen wir die Frage vielleicht ausgehend von dieser Behauptung stellen: „Ja, die Friedensbewegung nimmt einen wichtigen Platz in der Tagesordnung der Gewerkschaften. Nun in welchem Zusammenhang? Um die Bewegung für Frieden und Abrüstung zu stärken, oder als ein Organ des deutschen Staates?“

Der Verfasser des Buches, Malte Meyer hat in seiner umfangreichen, geschichtlichen Studie eine Realität untersucht, deren Erwähnung tabuisiert wurde, und zwar die Beziehung zwischen den Gewerkschaften und der Armee an bestimmten kritischen geschichtlichen Momenten. Seine Reise von Dokument zu Dokument fing schon vor dem I. Weltkrieg an. Unterwegs dokumentierte er Schritt für Schritt all den Verrat an den wichtigen Wendepunkten, deren Konsequenzen nicht nur für Deutschland, sondern Europa überschreitend die ganze Welt beeinflussten.

Es ist jedem linksgesinnten Menschen bekannt, dass die an der Führung der Gewerkschaften sitzenden Sozialdemokraten nach dem Motto „Burgfrieden“ die deutschen Imperialisten die den I. Weltkrieg schürten, unterstützten. Dies ist eine peinliche Seite der Geschichte der Gewerkschaften, die fast jede(r) übersieht und worüber Stillschweigen bewahrt wird. Was ist mit den darauffolgenden Machenschaften? Die konterrevolutionäre Mission, die sie übernahmen, um die Novemberrevolution, deren 100. Jubiläum wir heutzutage feiern, 1920 niedergeschmettert mit Blut und alles, was sie für dieses Ziel taten? Ihre geheimen Absprachen mit den Generälen nach der Niederschlagung der Revolution? Ihre Funktion in den Jahren 1930-1933 während die Nazis an die Macht liefen? Ihr Verhalten Anfang 50er Jahre gegenüber den Bemühungen um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und in 1958, als die atomare Aufrüstung der Bundeswehr zur Diskussion kam? Ihre Reaktion während der damaligen spontanen Streiks nicht gegen die Einstellung der Generäle der Nazizeit in der Bundeswehr, sondern gegen die „wilden“ Streiks? Ihre Bewilligung der Ausnahmegesetzgebung 1968 und ihre Positionierung währen der Massendemonstrationen gegen ihre Ratifizierung im Bundesparlament? Die Politik der IG Metall bezüglich der Waffenindustrie? Und die Beziehung der Gewerkschaften mit der Friedensbewegung in den 1980er Jahren?

In seinem Buch ließ Malte Meyer nicht nur die oben gestellten Fragen unbeantwortet, sondern nannte etliche andere Fälle. Sei es im I. Weltkrieg, sei es in späteren Zeiten, lüftete er all die Verbindungen der Gewerkschaften zum deutschen Imperialismus und ihren alltäglichen Aktivitäten in dem Militärisch-Industriellen Komplex ausgehend von den Dokumenten der Gewerkschaften und Reden ihrer führenden Kadern. All die Knoten des Verrats, die in meisten Fällen durch Verstummung der Massen der Gewerkschaftsmitglieder geschnürt wurden, kommen bis zur Beschleunigung der Militarisierung der Bundesrepublik Anfang der 1990er Jahren. Auch die Fußnoten beinhalten interessante Informationen und entlüften zahlreiche Einzelheiten über die Ziele und Hintergründe von vielen bisher veröffentlichten Büchern und Immatrikulationsthesen.

Letztendlich legte Malte Meyer eine Realität offen: Die Gewerkschaften, die ihre Sitze in den zwecks des Schutzes des bestehenden Systems gegründeten Institutionen innehaben, z.B. Ideen für die „Reformen“ in der Bundeswehr (es ist ziemlich wage, was hiermit gemeint ist) ausarbeiten und für die Förderung und Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr für die Jugendlichen neue Ideen und Konzepte erarbeiten, funktionieren als ein untrennbares Organ des Staats. Und der in dem Fundament dieses Organs liegende Grundstein ist anti-Kommunismus.

Ich empfehle jedem, der sich für die Geschichte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung interessiert, das über 300 Seiten umfassende, mit sehr lehrreichen Informationen, Kommentaren und Dokumenten untermauerte Buch von Malte Meyer zu lesen.