TKP – Zentral Komitee

Teil 3

Aufruf der TKP zu einem Notfallplan!

Die Kommunistische Partei der Türkei bewertet die Pandemie seit Beginn aus der Klassenperspektive und verfolgt eine Linie, die gegen die zerstörerischen Auswirkungen des Kapitalismus auf das Gesundheitswesen die Emporhebung des Kampfes der Werktätigen im Auge behält. Diese Linie beinhaltet sowohl die Entschlossenheit, die Gesundheit der Menschen auf wissenschaftlicher Basis zu schützen, als auch eine revolutionäre Haltung, die darauf abzielt, die an Gewalt und Umfang zunehmenden Angriffe des Kapitals nicht unbeantwortet zu lassen. In diesem Sinne bildete die Partei verschiedene Kommissionen, die sich aus Experten zusammensetzten, und entwickelte in enger Zusammenarbeit mit der Akademie für Wissenschaft und Aufklärung verschiedene Instrumente, um sowohl den Verlauf der Epidemie zu überwachen als auch die Gesellschaft aufzuklären.

Zu Beginn der Pandemie betonte die TKP mit Nachdruck, dass die Pandemie nur durch die Einstellung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens sowie durch weitverbreitete Tests eingeschränkt werden kann, und setzte die Aktivitäten der Partei in dieser Zeit stark herunter. Ab dem Moment, als klar wurde, dass wie in anderen kapitalistischen Ländern auch in der Türkei die kapitalistischen Machthaber mit halbherzigen Maßnahmen die arbeitenden Massen ins Verderben stürzen würden und, dass der Virus sich maßlos ausgebreitet hatte, verfolgte die Partei eine Strategie, die sich viel mehr auf die soziale, ökonomische und kulturelle Ebene des Problems konzentriert. Die AKP-Regierung dagegen ist entschlossen, in der Pandemie die Produktion, d.h. Vermögensvermehrung durch mehr Ausbeutung fortzuführen,  ihre reaktionäre und religiöse Politik zu vertiefen und ihre politische Agenda ohne jede Einschränkung fortzusetzen, während sie das politische, gewerkschaftliche, kulturelle, soziale und pädagogische Leben größtenteils einschränkt, gar stoppt.

Die Tatsache, dass die Pandemie sich dadurch abgeschwächt hat, ist keine ausreichende Rechtfertigung für die Akzeptanz einer solchen Beschränkungspolitik. Nach fast einem Jahr der Pandemie zeichnet sich ein düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage für weite Teile der Gesellschaft ab, noch dazu ist die Aktionsfähigkeit der ohnehin schon unorganisierten Arbeiterklasse weiter geschwächt, die für die Werktätigen erforderlichen sozialen und gesellschaftlichen Kontaktmöglichkeiten  sind abhanden gekommen.

Millionen von Kindern und Jugendlichen wurden von der Bildung abgeschnitten, somit ist für die AKP die große Möglichkeit entstanden, ein geeigneteres Menschenbild für ihre Politik zu erschaffen. Es ist schwer zu sagen, ob die psychischen und sonstigen gesundheitlichen Folgen weniger schwerwiegend sein werden als die Bedrohung durch Covid-19. Unter diesen sich angesichts der durch Impfkampagnen veränderten, aber bei weitem nicht beendeten Pandemie-Situation wird sich die Politik der TKP auf die Erhöhung der Intensität des sozialen Lebens und des Kampfes konzentrieren. In diesem Zusammenhang fordert die Kommunistische Partei der Türkei einen Notfallplan zur Umsetzung der folgenden Maßnahmen:

1. Der Impfprozess sollte kostenlos und so bald wie möglich für die gesamte Gesellschaft abgeschlossen werden. Die kostenpflichtige Impfstrategie, die die Ungerechtigkeit legitimiert und in der Gesellschaft Zweifel an der Impfung verursacht soll aufgegeben werden.

2. Die privaten Gesundheitsbetriebe, die im Laufe der Pandemie die Situation gewinnbringend ausnutzten und dadurch zur Verschwendung von enormen Ressourcen beitrugen, sollen sofort verstaatlicht werden.

3. Nicht nur wegen Covid-19 sondern zum allgemeinen gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung muss ein nationales Institut gegründet werden, welches Impfstoffe und Arzneimittel erforscht. Die privaten Pharmahersteller und Logistiknetze sollen verstaatlicht und unter die Leitung dieses Institutes gestellt werden.

4. Alle Bürger sollen in ausreichenden Mengen mit kostenlosen und tauglichen Masken, Desinfektionsmitteln und Seife versorgt werden, bis die Pandemie ihre Wirkung vollständig verliert.

5. Alle erforderlichen Maßnahmen sollen getroffen werden, damit die Schulen geöffnet werden und der Präsenzunterricht auf allen Ebenen so schnell wie möglich beginnen kann. Es sollen neue Klassenzimmer eingerichtet, mehr Personal für die Schulen befördert, das Budget für Heizung, Lüftung und Reinigung aufgestockt werden. Alle Privatschulen sollen verstaatlicht, die Religionsbehörde soll geschlossen und das übermäßige Budget dieser Institution an das Bildungsministerium überwiesen werden.

6. Alle Strom- und Gasversorgungsunternehmen sollen verstaatlicht, alle Schulden von Abonnenten in Wohngebäuden erlassen werden.

Alle Beschränkungen bzgl. Gewerkschaftsarbeit, politische Aktivitäten, Treffen und Demonstrationen sollen unter Voraussetzung der Einhaltung von Gesundheitsregeln beendet  werden. Alle Verbote gewerkschaftlicher und politischer Aktivitäten sollen aufgehoben werden.

Arbeitskündigungen sollen verboten werden, alle Arbeitslosen und diejenigen, deren Arbeitsplatz während der Pandemie geschlossen ist, sollen während der Arbeitslosigkeit mindestens den monatlichen Mindestlohn erhalten.

Alle Kreditkartenschulden von Lohnempfängern sollen gestrichen, alle Zwangsvollstreckungs- maßnahmen der Ziraat Bank gegen Kleinbauern gestoppt und die Kreditschulden der Kleinbauern erlassen werden.

Alle staatlichen Ressourcen sollen in erster Linie für den Bildungs-, Gesundheits-, Wohn- und Ernährungsbedarf der Bürger eingesetzt werden. Alle Subventionen, Förderungen und der Ressourcentransfer zu Gunsten des Kapitals sollen eingestellt werden.

Kommunistische Partei der Türkei
Zentralkomitee
Januar 2021 

Teil 1: Die Pandemie ist ein weiterer Beweisdes historischen Bankrotts des Kapitalismus
Teil 2: Der Kapitalismus bekämpft die Pandemie nicht