TKP – Zentral Komitee

Teil 1

Die Pandemie ist ein weiterer Beweis
des historischen  Bankrotts des Kapitalismus 

1.
Die Coronavirus-Pandemie, von der seit den ersten Monaten des vergangenen Jahres die ganze Welt betroffen ist, hat nicht nur erneut vor Augen geführt, wie destruktiv der Kapitalismus als soziales System ist, sondern auch die Dimensionen seiner Verzweiflung aufgezeigt. Unter diesem Gesichtspunkt kann die durch das SARS-CoV-2-Virus verursachte Pandemie nicht als eigenständiges Gesundheitsproblem angesehen werden.

2.
Die Pandemie mit ihren tiefgreifenden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Folgen, verdient es, als eines der wichtigsten Themen des Klassenkampfes betrachtet zu werden. Die Tatsache, dass die Arbeiterklasse seit fast vierzig Jahren auf der ganzen Welt in der Defensive ist und bezüglich des aktuellen Gleichgewichts zwischen Kapital und Arbeit eine offensichtliche Asymmetrie in Erscheinung tritt. Beseitigt nicht die Notwendigkeit, die Epidemie im allgemeinen Rahmen von Klassenkämpfen zu bewerten. In diesem Zusammenhang sind Kommunisten, die in Anbetracht der tödlichen Bedrohung der Epidemie die führende Kraft von Wissenschaft, öffentlicher Gesundheit und Solidarität übernehmen müssen, auch gleichzeitig dazu verpflichtet, die durch die Epidemie verursachte soziale Ungerechtigkeit, die Ausnutzung der Pandemie durch das Kapital, um lebenswichtige soziale Bereiche für die Arbeiterklasse einzugrenzen; Einschränkungen im öffentlichen Dienst, wie vor allem in Bildung, erneute und umfassende Verkürzungen in Grundrechten der Arbeiterklasse,  Beeinträchtigungen bezüglich des Rechts der Werktätigen sich politisch zu organisieren und engagieren, in den Mittelpunkt zu stellen.

3.
Eine weitere Dimension der Korona-Pandemie, die hervorgehoben werden sollte, sind die neuen Möglichkeiten und Verantwortungen, die Covid-19 im Kampf gegen die Grundlagen des kapitalistischen Systems geschaffen hat. Es ist nicht hinnehmbar, diese Möglichkeiten und Verantwortungen aus dem einen oder anderen Grund aus der Hand zu geben. Es ist die Bourgeoisie, die die Epidemie mit einem Verständnis der sozialen Verantwortung außerhalb der Politik sehen möchte, und in dieser Richtung wird ein sehr weit verbreiteter psychologischer Krieg geführt. Die Reaktion der Arbeiterklasse darauf muss den Kampf zu verstärken sein. In diesem Zusammenhang muss jegliche Unentschlossenheit innerhalb der Revolutions- und Arbeiterbewegung auf der ganzen Welt, die bis heute zur Auflösung einiger Formen sozialer Kämpfe geführt haben, so schnell wie möglich beseitigt werden.

4.
Der Kampf gegen die Idee, dass die Pandemie die kapitalistische Ordnung zähmen wird, ist hier von großer Bedeutung. Während Kommunist*innen sich mit einer unerschütterlichen sozialen Verantwortung und einer beispielhaften Moral darum bemühen, die zerstörerischen Auswirkungen der konkreten und alltäglichen Probleme, denen die Werktätigen ausgesetzt sind, zu mildern, nehmen sie keine Haltung ein, die das Leben des Kapitalismus verlängert oder die Idee unterstützt, sie sei nachhaltig. Erwartungen wie, dass die Maßnahmen zum gemeinsamen Nutzen angesichts des Zusammenbruchs der Menschheit aufgrund von Krankheiten ergriffen werden, dass soziale Polarisierung beseitigt werde oder einige Chancen entstehen, die Fortschritte in Technologie und Wissenschaft bieten, positive Rückführungen über wirtschaftliche und soziale Prozesse haben könnten, sind unter den Bedingungen des Kapitalismus und im Rahmen der aktuellen Verhältnismäßigkeiten der Machtverhältnisse zwischen den Klassen, haltlos.

5.
Genauso wie in der Krise, die sich 2008 manifestierte, sollten die Bemühungen, allein die neoliberale Politik für die gegenwärtige und durch die Pandemie vertiefte Krise verantwortlich machen, zusammen mit der Bestrebung um die Akzeptanz inner- kapitalistischer Lösungen verstanden und bewertet werden. Der Bankrott des Neoliberalismus, den der Kapitalismus seit Jahrzehnten in den Vordergrund stellt, ist ein Beweis für den historischen Niedergang des Kapitalismus. Der Kapitalismus konnte das 2008 ausgelaufene Modell der Kapitalakkumulation nicht ersetzen und keine klare Strategie entwickeln. Der Mangel an Strategie manifestiert sich in Übereinstimmung mit dem Grad der kapitalistischen Entwicklung jedes Landes, und es wird versucht, diesen Zustand der Unlösbarkeit mit kurzfristigen Interventionen in Übereinstimmung mit den historischen und politischen Bedingungen jedes Landes zu bewältigen.

6.
Die Thesen wie „das Ende einer Ära“, „der Wiederaufbau des Kapitalismus auf der Basis der Versöhnung der Klassen“, „die grüne Weltordnung“, „das Grundeinkommens- System“, „die Strategie der Aufstockung des Arbeitseinkommens„ werden nicht deshalb aufgestellt, weil sie bei Kapitalklassen auf ein Echo stoßen; vielmehr werden sie als vorsorgliche Gegenmaßnahmen zu möglichen revolutionären Tendenzen der Arbeiterklasse auf die Tagesordnung gesetzt. Die kommunistische Bewegung muss sich gegenüber den Strömungen, die eine Alternative zum Neoliberalismus suchen, ideologisch überlegen positionieren. Die kommunistische Bewegung muss den Zorn der verarmten Massen verkörpern, die aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen bzw. aufgegeben werden.

7.
Der Kapitalismus versucht die durch die Pandemie verursachten Bedingungen dazu zu nutzen, ihre seit langem andauernde Krise zu bewältigen und hinauszuzögern. Als durch die Krise von 2008 klar wurde, dass nicht nur die neoliberale Politik, sondern auch der Kapitalismus an sich gescheitert ist, suchte die Kapitalklasse nach einem Ausweg und rückte die Praktiken hervor, in deren Zentrum neue Angriffe auf die Arbeit standen. Die Pandemie sorgte für eine geeignete Atmosphäre, um all die Rezepte und Strategien zu legitimieren und somit die Probleme des Kapitalismus als die Probleme der gesamten Menschheit darzustellen. Die Diskussionen zu Konzepten und Benennungen wie „Die neue Normalität“, „Der Große Umbruch“, „Die Umstrukturierung der Lieferketten“ begannen in der Zeit nach der Krise von 2008. Mit der Pandemie gewannen diese Diskussionen jedoch an inhaltlicher Tiefe, und wurden zum Wasser für die Mühlen des gegenüber der Pandemie hilflosen Kapitalismus.

8.
Der Traum von einem besseren Kapitalismus entspricht auf der politischen Ebene dem Demokratismus sowie dem Programm der „Demokratischen Republik“. Zu einer Zeit, in der der Kapitalismus in eine schwere Krise gerät und sich den Linken ein weites Aktionsfeld auftut, die werktätigen Massen zu organisieren, die Volksmassen zu politisieren und den langwährenden Rückzug zu überwinden, muss das Festhalten am Demokratieprogramm als eine reaktionäre Linie verurteilt werden.

9.
Die Pandemie dient der Kapitalklasse als eine Ausrede für die sich verschärfende Krise, sowie als eine Gelegenheit, unter diesen Umständen einen Angriff gegen die Arbeiterklasse zu organisieren. Die Kapitalklasse hat einen Klassenangriff organisiert, den sie selbst im goldenen Zeitalter des Neoliberalismus nicht gewagt hat. Der Weg, der bezüglich der Flexibilisierung der Arbeitsprozesse zurückgelegt wurde, ist verheerend. Das Konzept einer Wochenendpause löst sich auf, die Arbeitszeiten werden mehr als verlängert, die Löhne werden unter dem Vorwand der Pandemie vereinnahmt; die Armut verschärft sich, was eine neue Welle des Hungerns signalisiert; die Arbeitslosenquoten schießen in die Höhe; der Tod von vielen der Rentnergeneration wird als eine nicht deklarierte Wirtschaftspolitik in Kauf genommen. Während der Reformismus behauptet, der Kapitalismus eigne sich nun für Reformen, zertrampelt ein historisch seltener Angriff die Arbeiter.

10.
Es ist unvermeidlich, dass der Anstieg repressiver und reaktionärer Strömungen diese wirtschaftliche und soziale Offensive der Kapitalklasse begleitet, da es an einer Strategie zur Überwindung ihrer Strukturkrise mangelt. Der Weltkapitalismus versucht, seine strukturelle Schwäche mit mehr Reaktion zu kompensieren, da er nicht in der Lage ist, ein neues Akkumulationsmodell zu entwickeln. Der Versuch der Kapitalordnung, Polizeigewalt in Frankreich zu legitimieren und zu legalisieren; die rasche Verschärfung des rassistischen Polizeiterrors in den Vereinigten Staaten; das Verbot eines nationalen Gedenktages am Polytechnischen Denkmal in Griechenland; in der Türkei der Versuch, die politischen Protestformen auf eine Art Pressekonferenz zu reduzieren; der weltweite Kriegsgeschrei; die Banalisierung der verdeckten Militäroperationen Israels angesichts der bilateralen Scharmützel und als Beilage, der aufstrebende Militarismus sowie Chauvinismus, all dies kann sicherlich nicht als Zufall abgetan werden. Das Coronavirus hat eine Reaktionismus- Pandemie mit sich gebracht. Tendenzen wie Verschwörungstheorien; antichinesischer Chauvinismus im Westen; Gegnerschaft von Hygiene- und Impfkampagnen; Überall auf der Welt Bestrebungen für Verbote zu Massendemonstrationen und legale sowie illegale Gewaltmechanismen des Staates zu stärken, sind natürlich nicht neu. Sie liefern jedoch genügend Indizien über den politischen und ideologischen Charakter der Reaktion des Kapitalsystems auf die Pandemie.

Teil 2: Der Kapitalismus bekämpft die Pandemie nicht
Teil 3: Aufruf der TKP zu einem Notfallplan