TKP – Zentral Komitee

Wir begrüßen die Republik: SO, WIE SIE GEKOMMEN SIND, WERDEN SIE WIEDER GEHEN

Die Republik wurde nach dem Kampf gegen die imperialistische Besatzung und die kollaborierenden und volksfeindlichen Überreste eines verrotteten Imperiums gegründet.

Was wir als Imperialismus bezeichnen, ist nicht, wie oft auswendig gelernt wird, eine „äußere Macht“. Imperialismus ist das System multinationaler Monopole. Es basiert auf Ausbeutungsverhältnissen. Imperialismus ist das natürliche Ergebnis und die Folge der vielgeliebten „freien Marktwirtschaft“.

Die Kräfte, die nach dem Ersten Weltkrieg Anatolien zerstückeln und unter sich aufteilen wollten, sind dieselben, die heute eine neue Operation in einem großen geografischen Gebiet planen, zu dem auch die Türkei gehört.

Der Unterschied ist folgender: In unserem Land hat sich eine kapitalistische Klasse entwickelt. Sie hat unser Volk ausgebeutet, alle Ressourcen unseres Landes an sich gerissen und geplündert. Im Rahmen ihrer Macht hat sie mit anderen Ausbeutern auf internationaler Ebene konkurriert und den Staat in diesem Wettbewerb instrumentalisiert. In jedem Fall hat sie die wirtschaftliche, politische und militärische Zusammenarbeit mit den Imperialisten fortgesetzt.

Wir bezeichnen diejenigen, die während des Unabhängigkeitskrieges gemeinsame Interessen mit den Briten hatten, als Kollaborateure. Die nationale Bewegung hat Kollaboration zu einem Verbrechen erklärt. Das war richtig so. Heute hingegen wird Kollaboration als eine Art Kunst angesehen, und Komplimente von US-Präsidenten werden als Prestige verkauft.

Die Ursache für diese Unverschämtheit liegt in der Klassenrealität der Türkei. Eine fette und expansionistische Herrscherklasse verdammt unser Volk zu Armut und Ungerechtigkeit, kniet vor den Mächtigen am Tisch der Wölfe nieder und knurrt diejenigen an, denen sie etwas anhaben kann. Die Grenzen des politischen Gerangels, das wir als „Systempolitik“ bezeichnen, werden durch die Interessen dieser skrupellosen Klasse bestimmt. Ob sie nun im Namen der „Modernität“ und des „Westens“ oder der „Einheimischkeit“ und des „Nationalismus“ gepriesen werden, diese Interessen sind mit den Interessen des Landes unvereinbar.

Ein Land ohne Volk kann kein Vaterland sein. Ein Gesellschaftssystem, das den Großteil der Bevölkerung, der von seiner Arbeit lebt, mit Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger konfrontiert, kann weder in der Innen- noch in der Außenpolitik als national bezeichnet werden.

Heute sind die weltweit führenden Unternehmen aus den Bereichen Finanzen, Industrie, Informationstechnologie und Handel durch sich ständig erneuernde Partnerschaftsstrukturen, Börsenbewegungen, Finanzquellen, Lieferketten, Handels- und Energierouten miteinander verbunden. Das auffälligste und zugleich unveränderlichste Merkmal, das sie eint, ist jedoch die Unterdrückung der Arbeiterklasse, durch deren Ausbeutung sie sich bereichern.

Trotz all der Verbindungen, über die wir gesprochen haben, herrscht zwischen diesen parasitären Ausbeutern ein endloser, harter Wettbewerb, in den auch Staaten verwickelt sind. Dieser Wettbewerb ist die Hauptursache für Konflikte und Kriege. Es gibt keinen Kapitalismus ohne Krieg. Es gibt keinen friedlichen Kapitalismus. Es gibt keinen nationalen Kapitalismus.

Die Haltung „Lieber unsere eigenen Diebe“, „Wenn schon ausbeuten, dann lieber die Einheimischen“, oder „Wir wehren uns gegen Besatzung, aber wenn es sein muss, werden wir selbst zu Besatzern“ ist respektlos gegenüber dem Andenken an den Nationalen Kampf.

Die Kommunisten unterstützten den Nationalen Kampf, da sie sich gegen jegliche Form von Ungerechtigkeit aussprachen. Sie beteiligten sich aktiv daran, weil sie den Imperialismus ablehnten. Sie wurden Teil des Nationalen Kampfes, weil sie dem Volk vertrauten und ihr Land liebten. Obwohl es solche gab, die den Nationalen Kampf für ihre eigenen egoistischen Interessen nutzen wollten, haben die Kommunisten ihn nicht infrage gestellt, weil sie gegen den imperialistischen Krieg und den imperialistischen Frieden waren, der ein Produkt imperialistischer Zwänge war, sowie gegen den Vertrag von Sèvres, der von unserem Volk in Stücke gerissen wurde.
Das sind wir auch heute noch.

Heute nähert sich die TKP den Debatten über den nationalen Kampf und die Gründung der Republik nicht mit Fanatismus oder nationalistischen Gefühlen. Ungerechtigkeit ist überall Ungerechtigkeit. Milliarden von Menschen auf der Welt, die keine Probleme, Streitigkeiten oder Feindschaften miteinander haben, sind unsere Brüder und Schwestern. Wir schieben die Verantwortung nicht einfach auf „äußere Kräfte“. Die Wurzel der Barbarei, die man Imperialismus nennt, liegt in der Herrschaft multinationaler Monopole. Diese beuten alle Völker aus, die ihnen in die Quere kommen, seien es Türken, Kurden, Araber, Griechen, Deutsche, Engländer, Franzosen, Russen, Inder oder Pakistaner. Zu den Tätern gehören auch unsere „einheimischen” und „nationalen” Ausbeuter. Wir können uns nicht für den Nationalen Kampf einsetzen und gleichzeitig unsere „einheimischen” Ausbeuter rechtfertigen. Beides gleichzeitig ist nicht möglich. Wenn es irgendwo Ungerechtigkeit, Unrecht oder Ausbeutung gibt, ist klar, was wir tun müssen: bis zum Ende kämpfen!

Unsere Ausbeuterklasse hat jedoch noch eine weitere Eigenschaft. Egal, wie mächtig sie auch werden mögen und wie selbstbewusst sie auftreten, sie können sich nicht von ihrer proamerikanischen Haltung und ihrer NATO-Zugehörigkeit lösen. Sie können sich einfach nicht von den Briten lösen, denen die Bauern in Anatolien im nationalen Kampf eine herbe Niederlage verpasst haben. Sie drehen sich im Kreis und versuchen, unter den Fittichen dieser mächtigen imperialistischen Länder eine „Regionalmacht” zu werden. Betrachten wir die AKP-Regierung, die sich als besonders verhandlungsstark präsentiert, einmal genauer. In der Wirtschaft folgt sie der britischen Schule, in der Außenpolitik ebenfalls. Im Bereich der Geheimdienste fühlen sie sich den Briten so nah, dass der Chef des britischen Spionagenetzwerks nach Istanbul kommen und eine Pressekonferenz abhalten kann, in der er sagt: „Dient uns!”

Eigentlich können sich diejenigen, die an diesem gnadenlosen Wettbewerbstisch sitzen, überhaupt nicht leiden. Abgesehen von einigen Speichelleckern hassen pro-amerikanische, pro-englische, pro-deutsche oder pro-französiche Akteure in der Türkei ihre Pendants aus den jeweiligen Ländern. Unsere Kollaborateure wissen am besten, was die anderen so treiben. Auch die Amerikaner sind sich dessen bewusst, dass ihre Verbündeten sie nicht mögen. Aber das spielt keine Rolle. In der Welt des Kapitals, in einem Umfeld, in dem das Geld das Sagen hat, gibt es keine echte Freundschaft. Es gibt nur Interessenkonflikte und Interessengemeinschaften. In dieser Situation nimmt die Kollaboration um ein Vielfaches zu.

Heute bewegt sich die Türkei erneut und mit großen Schritten in Richtung der amerikanisch-britischen Linie. Am Ursprung dieser Ausrichtung stehen die strukturellen Merkmale unserer Herrscherklasse, die sich aus den Mitgliedern der TÜSİAD*, der MÜSİAD** sowie den Grünen, den Gelben und den Rosafarbenen zusammensetzt. Zu dieser Linie gehören Menderes, Demirel, Evren, Özal und Çiller. Auf dieser Linie stehen die Muslimbrüder und die Nationale Sichtweise***. Auf dieser Linie stehen auch die Sekten, die im Kampf gegen den Kommunismus stark an Einfluss gewonnen haben. Die AKP ist das Ergebnis dieser Linie und wird auch ihr Ende sein.

Vor 102 Jahren haben wir die Republik gegründet. Republik bedeutet Gleichheit, bedeutet Volksherrschaft.

102 Jahre später droht unser Volk in einem Meer von Ungleichheiten zu ertrinken.

102 Jahre später treiben Imperialisten wieder ihr Unwesen in unserem Land.102 Jahre später die Republik zu begrüßen, bedeutet, sich dieser Schande zu widersetzen. Den Anführer des nationalen Kampfes, Mustafa Kemal, und diejenigen, die hinter ihm standen, zu begrüßen, bedeutet 102 Jahre später, sich gegen Imperialismus und Ausbeutung zu stellen.

Wir versprechen, die Türkei von Imperialismus und Ausbeutung zu befreien. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kräfte intern oder extern sind. Sie sind ein Krebsgeschwür in unserem Land und unserem Volk. Wir werden die Republik mit dem Sozialismus wieder aufrichten und alle Parasiten, die sich daran festgesetzt haben, ausmerzen.

Wie vor einem Jahrhundert: SO, WIE SIE GEKOMMEN SIND, WERDEN SIE WIEDER GEHEN; SO, WIE IHR GEKOMMEN SEID, WERDET IHR WIEDER GEHEN!

29. Oktober 2025, Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Türkei

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* TÜSİAD steht für Türk Sanayicileri ve İşadamları Derneği (Verband der türkischen Industriellen und Geschäftsleute) und ist eine einflussreiche, unabhängige, nichtstaatliche Organisation in der Türkei, die im Jahr 1971 gegründet wurde.

** MÜSİAD ist eine türkische Vereinigung unabhängiger Industrieller und Geschäftsleute (türkisch: Müstakil Sanayici ve İş Adamları Derneği), eine islamisch-konservative Wirtschaftsvereinigung mit internationaler Präsenz

*** Millî Görüş, vereinzelt Milli Görüsch geschrieben (deutsch „Nationale Sicht“), ist eine länderübergreifend aktive islamistische Bewegung.