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Fragen über die Lage in Deutschland im 33. Jahr der Restauration

1. Kann man heute, im 33. Jahr der kapitalistischen Restauration, wirklich von einem „Großdeutschland“ oder einem „Vierten Reich“ sprechen? Wenn ja oder nein, warum?

Patrik Köbele: Um diese Frage zu beantworten, ist es nötig zu beantworten, was damals in den Jahren 1989/1990 in Deutschland passiert ist. Aus unserer Sicht ist es in der damaligen sozialistischen DDR zu konterrevolutionären Prozessen gekommen, die es der imperialistischen BRD im Endeffekt ermöglichten, die DDR zu annektieren. Auch weltweit hat sich gleichzeitig das Kräfteverhältnis zu Gunsten des Imperialismus durch die konterrevolutionäre Beseitigung des Sozialismus in der Sowjetunion und den europäischen, sozialistischen Ländern dramatisch verschoben. War der BRD-Imperialismus bis dahin ein von den anderen Imperialisten „eingehegter“ Imperialismus, der vor allem die Funktion eines „schönen Schaufensters“ in Richtung des Sozialismus hatte, so änderte sich dies mit den o.g. Veränderungen. Eine Schaufensterrolle, die den Menschen in den sozialistischen Ländern vorgaukelte, dass der Kapitalismus gar nicht so schlimm sei, wurde nicht mehr benötigt. Das Monopolkapital des „neuen“ Deutschlands wollte sich nicht mehr länger von seinen imperialistischen Konkurrenten einhegen lassen. Das war die Geburtsstunde für die neue Aggressivität des deutschen Imperialismus nach innen und außen. Sie äußerte sich in der Formierung der EU zu einem Hinterland Deutschlands, in der ersten offenen Beteiligung an einem Angriffskrieg durch deutsche Truppen (Jugoslawien) und dem ökonomischen Krieg nach innen, gegen die Arbeiterklasse (Agenda-Gesetze – Hartz-Gesetze).

Heute hat diese Aggression eine neue Qualität erreicht. Dazu wurde der durch die NATO-Osterweiterung, den Maidan-Putsch, den Krieg der Ukraine gegen die Volksrepubliken, provozierte Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine ausgenützt. Jetzt sieht der deutsche Imperialismus die Chance, eine neue Qualität der Militarisierung Deutschlands und des Angriffs auf die demokratischen und sozialen Rechte der Werktätigen durchzusetzen.

Wir, die DKP, bezeichnen diese Qualität als reaktionären Staatsumbau. Derzeit ist das aus unserer Sicht aber kein Übergang zum Faschismus. Eine Charakterisierung Deutschlands als das „Vierte Reich“ würde das aber suggerieren. Das halten wir für falsch. Von „Großdeutschland“ kann man ggf. sprechen, um die Veränderung durch die Annexion der DDR zu charakterisieren. Wir benutzen allerdings auch diesen Ausdruck eher nicht.

2. Wie reagierte die Arbeiterklasse nach 1990 in einem neuen und größeren Deutschland? Genauer gesagt, welche Art von Unterstützung erhielt „Großdeutschland“ durch die deutsche und hierzulande lebende ausländische Arbeiterklasse? Warum wurde diese Unterstützung gewährt? Wie lassen sich die Klassenverhältnisse in Deutschland nach 1990 und die Szene, in der sie wirken, beschreiben?

Die Arbeiterklasse in Deutschland (inklusive des Teils, der ausländische Wurzeln hat), wurde von der verschärften Aggression des deutschen Imperialismus (nach innen und außen) überrascht. Das ist auch erklärbar, hatte doch die o.g. Schaufensterrolle auch den Effekt, dass mit Hilfe der imperialistischen Extraprofite auch immer wieder Zugeständnisse an Teile der Arbeiterklasse gemacht worden waren. Sie wurde auch überrascht, weil die schärfsten Angriffe, der Angriffskrieg gegen Jugoslawien und die Agenda-Gesetze durch Regierungen unter sozialdemokratisch/grüner Führung durchgesetzt wurden – damit gelang es, die Gewerkschaften weitgehend in diesen Kurs einzubinden. Aufgrund der nationalen und internationalen Kräfteverhältnisse hat sich vor allem auch die Intelligenz fast gänzlich zu einer Stütze des Kurses des Monopolkapitals entwickelt – das ist die Grundlage, dass auch Medien und Ideologieapparat heute nahezu widerspruchslos in diesen Kurs eingebunden sind.

Allerdings hat man heute den Eindruck, dass es im Massenbewusstsein der Arbeiterklasse und der Mittelschichten sehr widersprüchliche Prozesse gibt. Es gelingt der herrschenden Klasse nicht vollständig, diese Teile in den NATO- und Aufrüstungskurs, in den Kurs der Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten zu integrieren. Allerdings ist die Verarbeitung dieser Widersprüche im Massenbewusstsein selbst auch widersprüchlich. Die Schwäche der Marxisten und der Übergang der Linkspartei in ein „linksliberales“ Milieu befördert diese Widersprüchlichkeit.

3. Kann man heute von einem deutschen Europa sprechen? Wie sieht die europäische politische Klasse (insbesondere in der EU-Spitze) heutzutage das wachsende Deutschland? Ihre Eindrücke und Meinung?

Aus unserer Sicht kann man von einer „deutschen EU“ sprechen. „Deutsches Europa“ ist aus unserer Sicht deshalb falsch, weil wir ja immer wieder darauf hinweisen müssen, dass das imperialistische Konstrukt EU keineswegs deckungsgleich mit Europa ist. „Deutsche EU“ stimmt aus unserer Sicht deshalb, weil innerhalb der EU Deutschland relativ hegemonial ist und weil die EU ein wichtiges Instrument für den deutschen Imperialismus ist, um aus schwächeren Ökonomien imperialistische Extraprofite herauszupressen.

Diese Hegemonie des deutschen Imperialismus ist allerdings nicht unumstritten. Vor allem der französische Imperialismus stellt sie immer wieder in Frage. Auch der dominierende Teil des Monopolkapitals Großbritanniens hat diese Hegemonie mit dem EU-Austritt in Frage gestellt und setzt derzeit im innerimperialistischen Konkurrenzkampf mehr darauf, ein engeres Bündnis mit dem US-Imperialismus einzugehen.

4. Mehr als 3,2 Millionen Menschen aus der Türkei leben in Deutschland. Das sind arbeitende Menschen, also ein Teil der Arbeiterklasse in Deutschland. Ist das eine Gefahr oder eine zusätzliche Kraft für das aufstrebende imperialistische Deutschland? Wie sehen Sie diese türkeistämmige Arbeiter am 50. Jahrestag des „Türkenstreiks“ (Köln-Ford) in diesem Land?

Derzeit scheint es mir so zu sein, dass leider auch dieser Teil der Arbeiterklasse weitgehend in den Kurs des deutschen Imperialismus integriert ist – hier bin ich mir allerdings unsicher. Wo ich mir allerdings recht sicher bin, ist, dass es auch im Massenbewusstsein dieses Teils der Arbeiterklasse in den vergangenen 50 Jahren, also nach dem sogenannten „Türkenstreik“, große Veränderungen gab. Mein Eindruck ist, dass vor allem die Religion gegenüber dem säkularen Denken stark an Einfluss gewonnen hat. Ich habe auch den Eindruck, dass das zu einem stärkeren Rückzug in die eigene „türkische Community“ führt.

5. Wohin führt der Krieg in der Ukraine? Haben wir heute im Osteuropa eine Art Afghanistan (natürlich statt afghanischer Islamisten an der Macht mit Ukra-Nazis an der Macht)? Was ist die Antwort der Regierenden im größeren Deutschland auf diese Umwälzungen? Wie steht die Linke dazu?

Ich glaube, dass die Ukraine selbst in diesem Krieg gar nicht die wirkliche Hauptrolle spielt. Das Wesen des Krieges ist, dass es ein Krieg der NATO gegen die russische Föderation ist. Die NATO verfolgt aus meiner Sicht vor allem die strategischen Ziele, das kapitalistische Russland zu einer Rohstoff liefernden Halbkolonie zu machen und ein mögliches enger werdendes Bündnis zwischen der russischen Föderation und der VR China zu verhindern. Insgesamt geht es damit der NATO vor allem darum, die globale Hegemonie der Imperialisten, die sich in der NATO zusammengefunden haben, zu verteidigen.

Was die Ukraine selbst angeht, haben die Imperialisten beim Maidan-Putsch offen darauf gesetzt, auch auf Faschisten zu setzen. Im Ergebnis steht nun ein Staatsapparat in der Ukraine, der von Faschisten durchsetzt ist und der seine russophobe Ideologie mit Rückgriffen auf den faschistischen Kampf gegen die Sowjetunion garniert. Dazu gehört vor allem auch Antikommunismus. Aber auch der hat wenig mit dem jetzigen Krieg zu tun. Die kommunistische Partei wurde in der Ukraine bereits 2015 in die Illegalität gedrängt.

Die Linke in Deutschland ist in alldem höchst widersprüchlich. Leider ist es so, dass große Teile der Führung der Linkspartei, ihres Partei- und Parlamentsapparats fast völlig auf die Seite des NATO- und Aufrüstungskurses des deutschen Imperialismus übergegangen sind. Sie hätten das Ganze nur gerne etwas sozialer.

‚Almanya’da gerici devletin yeniden inşası gündemde‘

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