„Was war los?“

Die billigsten persönlichen Daten der Welt

Die Bürger:innen der Republik Türkei gehören zu den Menschen in der Welt, auf deren persönliche Daten am einfachsten und günstigsten zugegriffen werden kann. Unzureichende Vorschriften über den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit personenbezogener Daten machen es Cyberkriminellen und Datendieben leichter. Auch die Tatsache, dass die in diesem Zusammenhang verhängten Strafen alles andere als abschreckend sind, erleichtert Verstöße gegen das „Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten“.

Infolge der Skandale um den „Diebstahl personenbezogener Daten“ in der Türkei wurde das Thema in regelmäßigen Abständen auf die Tagesordnung gesetzt, doch über einige symbolische Schritte hinaus wurden bisher keine Maßnahmen ergriffen. Das letzte Beispiel dafür war der Cyberangriff im Dezember letzten Jahres, bei dem die Daten von 160 Tausend Personen des Datenbankunternehmens Mongo DB in die Hände von Dritten gelangten. In der Erklärung der Behörde für den Schutz personenbezogener Daten (KVKK), die 2017 eingerichtet wurde, um solche Situationen zu bekämpfen, heißt es, dass die bei dem Leck am 13. Dezember 2023 erlangten personenbezogenen Daten Identitäts- und Kontaktinformationen wie Vor- und Nachname, Adresse, Telefon- und E-Mail-Adressen sowie Daten über die Nutzungshistorie von Einzelpersonen, sogar manche Informationen über ihren Eltern umfassten.

Ein ähnlicher Skandal wurde im vergangenen Jahr aufgedeckt, als sich herausstellte, dass eine Website namens „query panel“ gegen eine kostenlose Mitgliedschaft Zugang zu Informationen wie der Identität, Telefonnummer und Adresse aller in der Türkei lebenden Personen hatte, während gegen eine kostenpflichtige Mitgliedschaft Eigentumsurkunden und andere Informationen beschaffen werden konnten. Auch wenn die betreffende Website geschlossen und von der Tagesordnung genommen wurde, können ähnliche Websites von Zeit zu Zeit mit einigen der gestohlenen Daten wieder auftauchen.


Im Jahr 2022 veröffentlichte der CHP-Abgeordnete Murat Bakan aus Izmir ein Video, das zeigte, dass die in MERNIS (Central Population Administration System), dem geschlossenen System der Generaldirektion für Bevölkerungs- und Staatsbürgerschaftsangelegenheiten, gespeicherten Daten der Bürger:innen mit ihrer türkischen ID-Nummer abgerufen werden konnten. Murat Bakans Fragen an den damaligen Innenminister Süleyman Soylu zu diesem Thema wurden vom Ministerium zurückgewiesen, und das Innenministerium erstattete Strafanzeige gegen diesen Abgeordnete.

„Wenn du nicht für ein Produkt bezahlst, bist du selbst das Produkt“

Dieser in Internetforen oft wiederholte Satz wird verwendet, um die Vorhersage auszudrücken, dass die Aufzeichnungen eines kostenlos angebotenen Online-Dienstes und die von den Nutzern für diesen Dienst bereitgestellten Daten (personenbezogene Daten) schließlich in Produkte umgewandelt werden, die verkauft und zur Verfügung gestellt werden.

Tatsächlich steht diese Ware im großen Umfang auf dem Markt in der Türkei. Mittlerweile sind bis jetzt unzählige Fälle bekannt geworden, in denen diese Informationen zwecks Plünderung der Bankkonten, Diebstahl des Grundbesitzes oder Erpressung missbraucht wurden. Es gibt auch starke Vermutungen, dass die Regierungspartei diese persönliche Informationen benutzt, um die örtlichen Wählerlisten zu manipulieren.