TKP – Zentral Komitee

Teil 3

Das kapitalistische System versucht ihre Schwäche
durch Aggression zu kompensieren

 

35.
Die Regierenden versuchen die Pandemie als ein überparteiliches Thema zu behandeln. Es wird versucht, während die politischen Spielräume für die Herrschenden auszuweiten, diese für die Arbeiterklasse als die wichtigste Gruppe von Betroffenen, zu verschließen.
Die Regierungen schöpfen aus diesem Ansatz Kraft für die repressive und reaktionäre Regulierungen.

36.
Das Pandemiemanagement wurde nach Klassenzugehörigkeit durchgeführt. Die Priorität bestand nicht darin, die Gesundheit der Menschen zu schützen, sondern die Bedürfnisse des Kapitals zu befrien. In vielen Ländern wurden massive Unterstützungspakete für Bosse geschnürt. Auch in der Türkei werden durch diese Pakete Mittel des Schatzamtes, von staatlichen Banken und von Arbeitslosenversicherungsfonds an die Kapitalistenklasse geleitet. Günstige Kredite wurden an Unternehmen vergeben, Kreditschulden gestundet, Zahlungen von Steuern und Versicherungsprämien ausgesetzt und die Forderungen mit staatlichen Garantien abgesichert. Die Türkei hat im Einklang mit den expansionistischen Tendenzen des Kapitals auch in Zeiten der Pandemie manche Investitionen und „Hilfen“ auf internationaler Ebene getätigt. Die Arbeiter hingegen, obwohl ihre Löhne gekürzt, ihr Einkommenssituation verschlechtert sind, müssen ihre Rechnungen, Kreditkartenschulden und Hausmieten weiterzahlen.

37.
Auch in manchen Entscheidungsprozessen in der Pandemie-Management waren die Bosse direkt beteiligt. Bei den Entscheidungen in den Produktions- und Dienstleistungsbetrieben, wo viele Arbeiter*innen erkrankten, wie zum Beispiel über die Ausmerzung der Covid-19 von der Liste der Berufskrankheiten/- und Unfälle oder die Verkürzung der Quarantänefristen für infizierten Arbeiter, damit diese nach kurzer Zeit die Arbeit aufnehmen können, waren die Vertreter*innen der Arbeitgeberorganisationen bestimmend dabei.

38.
Die Kapitalistenklasse sah den Ausbruch als Chance um die Arbeitsbedingungen zu verschärfen. Die Pandemie-Abwehr-Massnahmen am Arbeitsplatz zielten auch darauf ab, die Kontrolle und den Druck auf die Arbeitnehmer zu erhöhen. Durch die Experimente wie die isolierten Produktionsbetrieben, Bewegungsverfolgung mittels Chips sowie mit geschlossenen Produktionskreisläufen wird ein autoritäre Arbeitssystem zu etablieren. Diese Versuche, die darauf abzielen, die Produktions- und Dienstleistungsaktivitäten während der gesamten Pandemie nicht zu unterbrechen, werden uns von den Kapitalisten nach der Pandemie mit Nachdruck als Modell an den Arbeitsstätten vorgeführt.

39.
Die Versuche, den politischen Raum zu verengen, haben in den Reihen der türkischen Linken und der Gewerkschaftsbewegung den Kampfgeist auf Basis von kleinen und symbolischen Aktionen gestärkt. Diese Form des Kampfes, die zwar den Handelnden auf die Tagesordnung setzt, aber nur begrenzte Auswirkungen auf die grosse Masse der Werktätigen hat, isolierte die Linke und die Gewerkschaftsbewegung von den Arbeiterklasse. Unter diesem Gesichtspunkt kommt auf die Organisation und die Aussenwirkung ihrer organisierten Kampfkraft eine viel grössere Bedeutung zu.

40.
Während bürgerliche Staaten unter Pandemiebedingungen hier und da Produktion und Dienstleistungen einstellen oder verlangsamen, sollte nicht übersehen werden, dass das Monopolkapital einige Ziele verfolgt, die über die Vermeidung eines kollektiven Zusammenbruchs hinausgehen. Der Kapitalismus sorgt dafür, dass die Profitrate wieder steigt, indem er in jeder Krisenzeit einen Teil der Produktivkräfte zerstört. Dies ist heute eine Seite der kontrollierten wirtschaftlichen Verlangsamung. Der Tod, die Schliessung von Arbeitsplätzen, die Trägheit der Produktionsmittel sollten im Zusammenhang mit der Zerstörung der Produktivkräfte und der Eröffnung eines starken Monopolisierung-Prozesses betrachtet werden, der die irrationalste Reaktion des Kapitalismus auf die Krise darstellt.

41.
In der Anwendung ermöglichen die Beschränkungen die Liquidation von kleinem und mittlerem Kapital in äusserst kurzer Zeit, was zudem als unvermeidliche Entwicklung gerechtfertigt wird. Der Prozess des Besitzerwechsels von grossen Vermögen in den Städten hat bereits begonnen. Für die kleinen und mittleren Bourgeoisie, deren Einkommen dramatisch sinkt, dient der Ausbau der Fazilität nicht zur Verminderung der Verarmung, führt im Gegenteil zur Enteignung durch Kreditaufnahme und folglich zur Beschleunigung der Monopolisierung.

42.
Es wurde eine Konjunktur ermöglicht, indem die Krise und ihre Folgen vertagt werden, da wie nach jeder Krise die Monopolisierung beschleunigt wurde jedoch keine alternative Akkumulationsmodell erstellt werden konnte. Die Pandemie, die wie jeder Krise Folgen wie Produktions- und Handelsrückgang mit sich bringt, bietet der Kapitalistenklasse neue Möglichkeiten zur Bewältigung der Strukturkrise, die zu einem Rückgang der Profitraten führt. Unter den „neuen normalen“ Bedingungen nach der Pandemie wird sich die Wirtschaftstätigkeit in Gebiete mit hohen Profitraten verlagern und die Monopolisierung wird sich weiter beschleunigen. Die Quests des Kapitalismus, die auf die Dimension des Wandels hinweisen, die der Krise von 2008 folgen, und global durch Labels wie Digitalisierung und Industrie 4.0 etikettiert werden, werden sich durch die Chancen, die die Pandemie bietet, beschleunigen. Die Neu-Ordnung der globalen Lieferketten, in denen China und Fernost einen wichtigen Platz einnehmen, und die Umstrukturierung des Welthandels im Zusammenhang mit der Pandemie haben nun eine geeignete Basis dafür. Dieser Prozess hat jedoch an sich Schwierigkeiten, zum einen aufgrund des Fehlens eines alternativen Akkumulation-Modells und zum anderen aufgrund von Problemen, die sich aus der imperialistischen Hierarchie und dem Wettbewerb ergeben. Während dieses Reorganisationsprozesess, der sicherlich nicht reibungslos verlaufen wird, sucht die Kapitalistenklasse der Türkei (und die AKP-Regierung) nach Rissen innerhalb der imperialistischen Hierarchie, um ihre Konkurezstärke zu erhöhen.

43.
Der Pandemieprozess, der die Krise verschärft, bietet den kapitalistischen Staaten neue politische Instrumente zur Unterstützung und Subventionen für Kapitalisten. Die „katastrophalen“ Bedingungen, die die Pandemie bietet, erleichtern es den Staaten, mutiger über das Ausmass der expliziten Unterstützung und Anreize für die Chefs zu sein. Praktiken wie die Beantragung vorübergehender Enteignungen, die nicht auf den Gesundheitssektor beschränkt sind, können ein wichtiger Bestandteil dieser riesigen Erholungs- und Umstrukturierungspakete sein. Kapitalorganisationen, IWF, Weltbank usw. empfehlen den Staaten, ihre Steuer- und Ausgabenpolitik im Rahmen der Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie zu lockern. Diese Vorschläge berücksichtigen hauptsächlich die Bedürfnisse und die Unterstützung des Kapitals und enthalten Elemente, die einige der grundlegenden historisch erkämpften Arbeiterrechte beseitigen.

44.
Die Kapitalistenklasse rechnet sich mit der Pandemie eine kritische Wende ihrer seit Jahren in neuen Formen fortgesetzten Flexibilität-Angriffes. Es ist eine gängige Praxis für Mitarbeiter geworden, „von zu Hause aus“ in allen Berufen zu arbeiten, in denen Operationen aus der Ferne ausgeführt werden können, insbesondere im Dienstleistungssektor. Beschäftigungsformen wie Fernarbeit, die die Arbeitskosten erheblich senken, wurden aufgrund des Virenrisikos bei der Pandemie von einer erheblichen Anzahl von Arbeitnehmern als angemessen erachtet und akzeptiert. Ein Teil dieser grossen arbeitenden Bevölkerung, definiert als „freiwillig zu Hause bleibenden und von-zu Hause-aus-arbeitenden“, wird gebeten, dauerhaft so flexibel zu bleiben. Infolgedessen hat die Pandemie dazu geführt, dass flexible Arbeitspraktiken wie nie zuvor legitimiert und allgemein akzeptiert wurden. Zusätzlich zu den verschiedenen Kostenvorteilen, die es den Kapitalisten bietet, wird das „Mobile Arbeiten“ dazu führen, dass die Arbeiter atomisiert werden und der organisierte Kampf schwierig wird. Noch wichtiger ist, dass bei dieser Gelegenheit der 8-Stunden-Arbeitstag als eine der wichtigsten historischen Errungenschaften im Kampf ums Arbeitsrecht darstellt, zunächst an Konturen verliert und folglich der Weg für seine vollständige Beseitigung geebnet wird.
Mit der Legitimität, die die Idee der flexiblen Beschäftigung während der Pandemie erlangt, werden neue Formen der flexiblen Arbeit, die in entwickelten kapitalistischen Ländern seit einiger Zeit eingesetzt werden, sich weit verbreiten. In der Türkei und in vielen anderen Ländern werden juristische Lücken zu Mobiles Arbeiten und zu neuen Formen flexibler Arbeit schnell geschlossen und auf dieser Achse neue Angriffe auf die Arbeiterklasse Gestalt annehmen. Die AKP-Regierung hat seit den ersten Tagen des Pandemieprozesses begonnen, Initiativen in diese Richtung zu ergreifen.

45.
Während des Pandemieprozesses behaupten einerseits die Vertreter des Kapitals beharrlich, die Beschäftigung könne nur auf flexible Weise aufrechterhalten werden, andererseits brechen die Arbeitslosenquoten neue Rekorde. Die Dimensionen der Arbeitslosigkeit gehen über das hinaus, was statistische Indikatoren auf der ganzen Welt erklären können. Dieselben Indikatoren haben dazu beigetragen, diese grosse Katastrophe zu verdecken, die irgendwann soziale Konsequenzen haben wird. In der Pandemie ist die Reservearmee der Arbeiter (Arbeitslosen) enorm gewachsen und die Durchlässigkeit zwischen den Schichten in Richtung der ärmeren und ungesicherten Segmente beschleunigt. Die zunehmende Arbeitslosigkeit wurde während der Pandemie zur zentralen Unterdrückungswerkzeug der Arbeit selbst, und erleichtert die Akzeptanz flexibler Arbeitsformen, die als einzige Voraussetzung für die Beschäftigung unter neuen Bedingungen propagiert werden. Während die Pandemie dazu dient, diesen Mechanismus im Sinne des Kapitalismus zu legitimieren, hinterlässt sie eine grosse Zerstörung und Verarmung, wenn dieser Mechanismus funktioniert. Während sich die Erholung der Volkswirtschaften verzögert, wird sich die Wiederbeschäftigung von Arbeitslosen verzögern, insbesondere während der Pandemie. Da dieser Prozess in der Türkei zu frappierenden Ergebnissen führt, erlaubte die Regierung unbezahlte Ferien und Kurzarbeitsgeld, um von der Realität und der Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit 30 Prozent erreicht, abzulenken. Insbesondere der hohe Anteil arbeitsloser junger Menschen in der arbeitslosen Bevölkerung zeigt dass der Kapitalismus der Jugend keine Zukunft bieten kann.

46.
Die Zunahme der aus der Produktion zurückgezogenen Bevölkerungsgruppen bringt eine dauerhafte Verarmung mit sich. Zusätzlich zu dieser Verarmung führten die zu bezahlenden hohen Rechnungen und Preisanstiege, dass vielen Menschen Rechte wie Heizung, Strom und Wohnen entzogen wurden. Zudem zeigt der globale Anstieg der Lebensmittelpreise, dass grössere Massen die Armut als Hungersrisiko erleben werden. Der Kapitalismus hat keine andere Lösung als direkte Hilfe gegen die Gefahr des Hungers, die für immer mehr Ländern in der Welt, in der die Ungleichheiten zunehmen, zu einem Problem geworden ist. Diese Hilfsmittel reichen auch nur aus, damit die unteren nicht an Hunger sterben. In der Türkei kann der beschleunigte Verarmungsprozess mit der Pandemie, aufgrund der globale Trend der Lebensmittelinflation, eine andere Dimension annehmen. Während der gesamten AKP-Ära wo der Verarmungsprozess durch verschiedene Ausgleichsmechanismen wie wirtschaftliche Verschuldung und Sozialhilfe sowie politische und ideologische Reaktionen unter Kontrolle gebracht wurden, neigt sich dem Ende zu. In Bezug auf den Grossteil der arbeitenden Bevölkerung werden Arbeitslosigkeit und Verarmung zu einer grossen Bedrohung, und die relativ qualifizierten Teile der Arbeiterklasse, die sich bis heute als „Mittelklasse“ verstand und nun die Verarmung aus nächster Nähe spürt werden die soziale Wut und die Reaktionen verstärken. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass diese Reaktionen ungleich und explosiv sind und leicht zur Verzweiflung führen können.

47.
In Ländern, in denen diese Reaktionen von Zeit zu Zeit hervorgetreten waren, versuchten die Regierungen, die Pandemiebedingungen zu nutzen, um Massenbewegungen und Demonstrationen zu verbieten. Diese Verbote zielen auch auf Gewerkschaftsaktionen, Arbeiterproteste und Kämpfe um Rechte ab. Die Unterdrückung der Teilnahme an Aktionen und Veranstaltungen aufgrund von Krankheitsangst ermutigte die Regierungen auch, Verbote zu erteilen. Die Verbotsanwendung durch die lokale und zentrale Macht in der Türkei begann in den frühesten Tagen der Pandemie. Eines der ersten Beispiele war das Rundschreiben des Gouverneurs von Kocaeli, in dem angekündigt wurde, dass „Arbeitsunterbrechungen verboten sind“, um zu verhindern, dass Arbeitnehmer aufgrund der Verbreitung des Virus in Fabriken ihre Arbeit aufgrund von Arbeitsschutzgesetzen einstellen. Danach wurden viele Pressemitteilungen und Kundgebungen aus ähnlichen Gründen verboten.

48.
Obwohl die Krisen generell zur Enteignung und Verarmung grosser Massen in der Türkei führen, verdecken spezielle Gründe in unserem Land diese Folgen der aktuellen Krise. Traditionell ist der Bevölkerungsanteil der Obdachlosen, die abgekoppelt von Solidarität ihres Umfelds auf der Strasse leben, sehr begrenzt. Während der AKP-Ära, während die sozialen Rechte und Garantien eingeschränkt wurden, wurde ein System der Almosen geschaffen und staatliche Beihilfen für die Armen, genauer „Wohlfahrt“, institutionalisiert. Die 2020 -Krise und die anhaltende Pandemie machen diesen Ausgleichsmechanismus jedoch nicht nachhaltig. Mögliche Folgen dieser Verarmung könnten Hunger und Obdachlosigkeit sein.

49.
Die Kapitalistenklasse hat die Pandemie auch genutzt, um die Organisationstendenz der Arbeiterklasse zu schwächen. Viele Maßnahmen wie die Einschränkung des sozialen Lebens, die Einführung neuer Regeln für Versammlungen, die Distanzierung von Arbeitnehmern in Ruhezeiten und an Orten, auch wenn dies nicht in Produktions- und Dienstleistungsprozessen am Arbeitsplatz der Fall ist, schwächen die sozialen Beziehungen der Arbeiterklasse und der Jugend. Diese in gewisser Hinsicht dauerhafte Situation verstärkt die Individualisierungstendenzen in der Arbeiterklasse und in der Jugend. Diese von der liberalen Ideologie mit verschiedenen Instrumenten, insbesondere den Medien propagierte Tendenz wird zukünftig von der Kapitalistenklasse dazu genutzt werden, die Arbeiterklasse von den organisierten Kampf zu distanzieren.

50.
Der Angriff auf die Arbeiterklasse hat die Form der Teilung der Klasse und der Trennung eines Teils von anderen Teilen der Gesellschaft angenommen. In den Industrie- und Dienstleistungsbetrieben, im Gegensatz zu Sektoren und Berufsfeldern, in denen Homeoffice möglich ist, wurden der Arbeiterklasse Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie vorenthalten. Diese Teilung der Arbeiterklasse sorgt weiterhin für das Überleben der grossen und mittleren Bourgeoisie und eines Teils der Arbeiter, die als privilegiert gelten. Dem Proletariat, das an Arbeitsplätzen, im öffentlichen Verkehr und in öffentlichen Krankenhäusern der Pandemie ausgesetzt, wurde die Pflicht auferlegt, die kapitalistische Ausbeutung unter dem Namen der Aufrechterhaltung des sozialen Lebens nicht zu unterbrechen. Angesichts der Massenerkrankungen sich dem Risiko auszusetzen, arbeitslos und unbezahlt zu sein, hält die sich der schweren Angriffe ausgesetzten, unorganisierten Arbeiter vom Kampf ab. Diese Tatsache ist nicht auf die ärmsten und niedrigsten Segmente der Klasse beschränkt. Arbeiter, die in der traditionellen Schwerindustrie und im Fertigungssektor arbeiten, sowie Gesundheitspersonal, die ein qualifiziertes und daher privilegiertes Segment der Arbeiterklasse darstellen, wurden ebenfalls schnell in diesen schonungslosen Mechanismus gedrängt. Der Zugang zu Pandemieschutz-, Präventions-, Diagnose- und Behandlungsprozessen ist in allen Sektoren ungleich. Es bleibt den Arbeitern überlassen, die Vorsichtsmassnahmen zu treffen, die an den Arbeitsplätzen unter der Verantwortung der Chefs, der Bereitstellung von Schutzmaterialien und der Notwendigkeit von Behandlung und Ruhezeit getroffen werden sollten.

51.
Durch die Pandemie ist in der Türkei seit Langem andauernde Verarmung der Arbeiterklasse in eine andere Dimension übergangen. Die Löhne sanken rapide, obwohl die Produktivität stieg. Die Tatsache, dass das Einkommen eines sehr wichtigen Teils der Bevölkerung nahe am Mindestlohn liegt, ist ein konkreter Indikator dafür, dass sehr grosse Teile der Klasse zur Armut verurteilt sind. Die Kredittöpfe, auf die sich die AKP-Regierung in den letzten Jahren verstärkt zurückgriff, um die bestehenden Lebensbedingungen der Arbeiter, die sich zu Mittel- oder Oberteil der Klasse zählen, aufrechtzuerhalten, sind nun gestopft. Die Verarmung fast der ganzen Arbeiterklasse der Türkei flankiert von Verlust der Privilegien der bevorteilten Schichten wird unvermeidlich zu ideologischen und politischen Konsequenzen führen.

52.
Zu beobachten sind der teilweise Widerstand und Aktionen, bedingt durch die akkumulierte Wut der Arbeiter gegen Angriffe auf die Arbeiterklasse, die eine Verschärfung der Ausbeutungsbedingungen bedeuten. In Europe regen die Streiks des an der vordersten Front tätigen Gesundheitspersonals in Italien, von den Arbeitern der von der Pandemie zerrütteten Tourismussektor in Griechenland die Aufmerksamkeit. Die Aktionen von Amazon-Mitarbeitern auf internationaler Ebene, die verschiedene Online-Plattformen nutzen und in der Black Friday-Woche ihren Höhepunkt erreichten, sind zu einer Bewegung geworden, die internationale Gewerkschaftsstrukturen in allen Sektoren umfasst, die von der globalen Amazon-Kette abgedeckt werden. Eine weitere bemerkenswerte Aktivität in den letzten Wochen ist der Generalstreik in Indien mit der grössten Beteiligung in der Geschichte des Landes. Die flexiblen Arbeitsmodelle der rechten Modi-Regierung, die während der Pandemie verschärft wurden, die Generalstreiks und Aktionen gegen Agrarreformen und Privatisierungen, die die armen Bauern und Farmer besonders betrafen, führten klassenhistorisch erstmalig zu Solidarität und gemeinsamen Aktionen von Arbeitern und Bauern. In unserem Land zeichnet sich dieser Wut beispielhaft in dem Widerstand der Bergleute, die für ihre Rechte kämpfen, und dem über tausend Tage währenden Kampf der Cargill-Arbeiter*innen aus.